Droht ein „Nazi Kiez“ am Frankfurter Platz?

Braunschweig | 20.02.2024 | Anwohner*innen am Frankfurter Platz in Braunschweig befürchten, dass ein Neonazi ein Tattoo-Studio in einem leer stehenden Kiosk eröffnen will. In dem Gebäude, das den ehemaligen Kiosk beherbergt, stehen auch andere Räumlichkeiten leer. Entsteht hier ein neuer Anlauf- und Brennpunkt für die rechte Szene?

Ein Schild an der Tür von „Daggis Eckchen“, einem seit einiger Zeit verlassenen Kiosk am Frankfurter Platz im westlichen Ringgebiet von Braunschweig, verkündet: „Für immer geschlossen“. Doch heute geschieht etwas in dem ehemaligen Kiosk: die Räume werden entrümpelt, Kühlschränke nach draußen getragen und Müll in einen Container vor der Tür geworfen. Hier ist aber keine Entrümpelungsfirma am Werk, sondern bekannte Neonazis, unter anderem aus der Partei »Die Rechte«. Unter den Bewohner*innen am Frankfurter Platz kursiert schon seit geraumer Zeit das Gerücht, dass ein Neonazi hier ein Tattoo-Studio eröffnen möchte. Ein Anwohner erzählt mir, dass bereits am Montag, den 19. Februar 2024, Neonazis im Kiosk gewesen seien: „Die Polizei hat sie gleich kontrolliert.“

Auf Nachfrage teilt die Pressestelle der Polizei Braunschweig mit, dass es am 19.2.2024 tatsächlich einen Polizeieinsatz am Frankfurter Platz gegeben hat, „konkrete Maßnahmen gegen einzelne Personen“ seien in „dem Zusammenhang nicht getroffen“ worden. Dazu, ob es bei dem Polizeieinsatz um Personen aus der Neonazi-Szene ging, will sich Polizeisprecher Lars Dehnert aus „Datenschutzgründen“ allerdings nicht äußern. Auch auf die Frage, ob der Polizei bekannt sei, dass in den Räumlichkeiten des ehemaligen Kiosks ein rechtes Tattoo-Studio entstehen soll und wie die Polizei das in Bezug auf mögliche Konfrontationen und Eskalationen mit Anwohner*innen bewertet, antwortet die Pressestelle eher ausweichend. Der Polizei sei „bekannt, dass sich einzelne Personen der örtlichen rechten Szene auch für Tattoo’s interessieren und entsprechende Post’s in den sozialen Medien von sich selbst oder ihnen nahestehenden Personen zu neuen Tättoowierungen abgeben.“

Die Polizei agiere im „Bereich der politisch motivierten Kriminalität“ grundsätzlich präventiv und versuche „über unterschiedliche Quellen Erkenntnisse zu gewinnen und zu evaluieren, um so frühzeitig Einsatzschwerpunkte oder neue Deliktsformen und –felder aufzuhellen / zu erkennen und so zielführende Einsatzkonzeptionen zu entwickeln.“ Allerdings falle die „die originäre Zuständigkeit zur Genehmigung von Gewerbetätigkeiten (ggfs. Kiosken /Tattoostudios) nicht in der Zuständigkeit der Polizei“, betont der Polizeisprecher.

Ein Haus im Familienbesitz

Das Haus am Frankfurter Platz, in dem sich der ehemalige Kiosk, weitere leerstehende Geschäftsräume und Wohnräume befinden, gehört der Familie Welge. Offensichtlich wird es von Johannes Welge, einem Neonazi aus dem Landkreis Hildesheim, verwaltet. Der bis ins Gesicht tätowierte Neonazi war früher in der Punker-Szene von Braunschweig unterwegs, bewegte sich dann bei der »Kameradschaft 38« und den »Freien Nationalisten Niedersachen Ost« und war zuletzt Kreisvorsitzender des Kreisverbandes Braunschweig-Hildesheim der Neonazi-Partei »Die Rechte«. Schon vor ein paar Jahren nutzte Johannes Welge ein Wohnhaus der Familie in der Sonnenstrasse für Treffen, Veranstaltungen und Feiern der rechten Szene.

Im Rahmen der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nach einem Brandanschlag auf das Antifa-Café durchsuchte die Polizei auch die Wohnräume von Martin Kiese, damals stellvertretender Vorsitzender des Kreisverbandes. Daraufhin löste sich der Kreisverband selbst auf (“Akt politischer Feigheit”: Kreisverband von »Die Rechte« löst sich nach Razzia auf), vermutlich um weiteren Ermittlungen wegen der „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ innerhalb der Partei zu entgehen. Seitdem gab es neben Schmiererereien und Aufklebern kaum mehr öffentlich wahrnehmbare Aktionen der rechten Szene. Zuvor trat »Die Rechte« in den letzten Jahren massiv mit zahlreichen oft sehr provokativen Versammlungen, Infoständen und Aktionen in Erscheinung.

Der Vater: Engagierter Pastor im Ruhestand

Der Vater von Johannes Welge, der Mitbesitzer des Hauses ist und der laut einem bei linksunten.indymedia veröffentlichten Leak von Kontoauszügen den Lebensunterhalt seines Sohnes finanziert, ist pensionierter Pastor. Die Braunschweiger Zeitung porträtierte ihn im letzten Jahr als „Pfarrer im Ruhestand, Reisender, Schauspieler, Schiffsseelsorger und langjähriger Kopf der Stiftung Ökumenisches Lernen.“ Harald Welge organisierte für die Stiftung unter anderem auch Freiwilligendienste für junge Menschen in Israel und der dortigen Braunschweiger Partnerstadt Kiryat Tivon.

Der Sohn: Verurteilter Antisemit

Johannes Welge wurde dagegen zuletzt im April 2023 vor dem Amtsgericht Braunschweig wegen antisemitischer Beleidigung zu einer Geldstrafe von 2400 Euro verurteilt: „Johannes Welge hatte im November 2020 eine Mahnwache unter dem Motto »Freiheit für Palästina – Menschlichkeit ist nicht verhandelbar! Zionismus stoppen!« vor der Synagoge in Braunschweig angemeldet. Die Versammlung sollte zwischen 19:33 Uhr und 19:45 Uhr stattfinden“, berichtete die Jüdische Allgemeine über den Prozess. Auch im Netz verbreitet er immer wieder übelste antisemitische Hetze.

»38ink« – Ein Neonazi als Tätowierer

Schon seit einiger Zeit arbeitet der Neonazi Lasse R. als Tätowierer unter dem Namen »38ink«. Lasse R. war früher bei der NPD-Jugend »Junge Nationaldemokraten« aktiv. Dann kam es zum Split, im Netz beschimpfte ihn ein Funktionär der NPD als „Koks-Lasse“. Zusammen mit dem mehrmals wegen Gewalttaten verurteilten Pierre Bauer gehörter er danach zur »Sport- und Kampfgemeinschaft Adrenalin Braunschweig« und bewegt sich in Kreisen der Partei »Die Rechte«. Auf seiner Webseite gibt er als Adresse von »38ink« bisher seine Privatwohnung im östlichen Ringgebiet an. Ab und an arbeitete er auch beim »Tattohetzer«, dem ehemaligen NPD-Stadtrat David Köckert, der in Greiz das Tattoo-Studio »Königsblut« betreibt.

Lasse R. sticht vor allem auch extrem rechte Motive: Wehrmachtssoldaten, Runen, Waffen, oder Adler sind häufige Motive. Dazu Parolen, wie „Sieg oder Tod“, „Ruhm und Ehre“, „Wahrheit macht frei“ oder „Freiheit für Steven Feldmann“ – „Wahrheit macht frei“ ist eine von Holocaust-Leugner gebräuchliche Wendung und Steven Feldmann ein Neonazi aus Dortmund, der untergetaucht und auf der Flucht vor den Behörden ist. Zu einem Tattoo eines Wehrmachtsoldaten schreibt Lasse R. bei Instagram: „Sie waren die besten Soldaten, die tapfersten Männer der Welt“. Immer wieder postet er auch Fotos von Tattoos, die unkenntlich gemacht sind, teils mit dem Zusatz „86a“. Dabei handelt es sich um den Paragrafen zur Strafbarkeit des „Verwenden von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen“ im Strafgesetzbuch. Offensichtlich handelt es sich hier um Tattoos mit verbotenen Symbolen.

Zieht auch eine Gaststätte in das Gebäude?

Und noch ein Gerücht kursiert derzeit im Viertel: die Kneipe »D-Zug«, die bisher im „Kultviertel“ in der Friedrich-Wilhelm-Strasse ist, soll ebenfalls an den Frankfurter Platz ziehen, und zwar in den ehemaligen Asia-Imbiss, der sich im gleichen Haus, wie der ehemalige Kiosk, befindet. Die Kneipe »D-Zug« gilt als ein Treffpunkt der Neonazi-Szene. Auf der Facebookseite der Kneipe wurde 2022 auch zu einem „Karnevalszug“ aufgerufen, der von der Partei »Die Rechte« als Demo angemeldet war. Bei dieser „Karnevalsdemo“ bezeichnete der Anmelder der Demo und Gründer der Neonazi-Partei, Christian Worch, die Wirtin der Kneipe als „befreundete Wirtin“. Im Oktober 2020 berichtete unter anderem news38 über einen Angriff durch rechte Besucher*innen des »D-Zug« auf einen Ratsherrn der Partei »Die Partei«.

Werbung des »D-Zug« für einen von der Partei »Die Rechte« organiserten „Karnevalsumzug.
Screenshot Facebook-Seite »™-Zug«, 19.02.2022

Umkämpfte Räume

Schon länger versuchen sich Neonazis im westlichen Ringgebiet von Braunschweig und insbesondere rund um den Frankfurter Platz festzusetzen. Mehrmals patrouillierten Neonazis hier in den letzten Jahren unter dem Label »Schutzzone« durchs Viertel, propagierten einen „Nazi Kiez“ und erklärten, das Viertel „zeckenfrei“ machen zu wollen. Es gab gewalttätige Angriffe auf Anwohner*innen, mehrmals fanden hier rechte Versammlungen statt. Dabei konnten die Neonazis unter dem Schutz der Polizei unter anderem auch ein Stadtteilfest stören oder antisemitische Hetze verbreiten. Sogar die BILD kritisierte hier das Verhalten der Polizei: „Braunschweigs Polizei schritt nicht ein – Widerlicher Judenhass bei Neonazi-Demo“. Bei einer Kundgebung am Frankfurter Platz am 20.5.2022 forderten die Neonazis laut BILD einen „Nationalen Sozialismus“ und brüllten „Vernichtungs-Parolen gegen Israel“ ohne dass die Polizei einschritt. Auch Parolen, wie „Braunschweig, Nazi-Stadt!“ und „Für den Faschismus“ seien dort gerufen worden.

„Nazi Kiez“-Grafftti im westlichen Ringgebiet. Foto: 22.07.2023 (‚c) David Janzen

Strukturermittlungen vor alle gegen Linke

Bei einer der Patrouillen der »Schutzzone Anti-Antifa« soll es nach Angaben von Neonazis zu einer Auseinandersetzung mit einer Gruppe von Antifaschist*innen gekommen sein. Obwohl kein Neonazi wirklich verletzt wurde und diese im Internet auch noch großspurig verkündeten, sie hätten die „Angreifer“ in die Flucht geschlagen, ermittelte die Polizei auf Grundlage der Aussagen der Neonazis mit einem enormen Aufwand gegen Menschen, die sich antifaschistisch engagieren. Es folgten Observationen und Hausdurchsuchungen, auch gegen das Kulturzentrum Nexus. Die Polizei konstruierte aus der Auseinandersetzung einen „schweren Landfriedensbruch“ und vermutet hier eine Gruppe am Werk, die gezielt Neonazis angreifen würde. Obwohl es aber gar keine entsprechenden Fälle schwerer Gewalt gegen Neonazis in Braunschweig gibt, ziehen die Ermittlungsbehörden hier Parallelen zur sogenannten „Hammer Bande“ um Lina E., die im Mai 2023 wegen Angriffen auf Neonazis zu einer Hafstrafe von 5 Jahren und 3 Monaten verurteilt wurde.

Während mit enormem Aufwand gegen links ermittelt wird, scheinen die Neonazis weniger im Blick der Behörden zu sein. Trotz wiederholter schwerer Gewalttaten – teils ausgeübt, während die Täter bereits unter Bewährung standen, kommen die Köpfe der rechten Szene in der Stadt seit Jahren immer wieder mit Bewährungsstrafen davon, weil Gerichte ihnen wiederholt eine „positive Sozialprognose“ bescheinigen. Strafanzeigen verlaufen im Sande oder werden eingestellt, weil die mutmaßlichen Täter in anderen Verfahren höhere Strafen zu erwarten würden – Sozusagen Rabatt für rechte Intensivstraftäter (siehe dazu auch: Einstellung: Kein Prozess gegen Neonazi nach Ketchup- und Säure-Attacken und Unvollständige Chronologie der rechten Aktionen gegen mich und meine Familie).

Vorbild Eisenach …

Die Braunschweiger Neonazis orientieren sich in ihren Strategien, insbesondere in Bezug auf gewalttätiges, provokatives Auftreten und den Bemühungen einen „Nazi Kiez“ zu etablieren, an den Strategien von Neonazis aus Dortmund-Dorstsfeld und der Gruppe „Knockout 51“ aus Eisenach, zu denen es enge Verbindungen gibt.

Im Gegensatz zu den Neonazis aus Braunschweig müssen sich Mitglieder von »Knockout 51« derzeit vor Gericht verantworten. Die Bundesanwaltschaft wirft ihnen mittlerweile die „Bildung einer kriminellen“ und „terroristischen Vereinigung“ vor. Was diese Vereinigung laut Bundesanwaltschaft ausmacht, klingt wie eine Blaupause für die Aktivitäten der Neonazis der »Sport- und Kampfgemeinschaft Adrenalin 381«, an deren Zusammenhalt und Aktivitäten sich durch die offizielle Auflösung kaum etwas geändert hat. Selbst das bezeichnende Logo der Gruppe, ein stilisierter Schlagring, wird unter Nutzung diverser Labels, wie »White Boys 381« oder »Fight Club 381« weiter verwendet. Und auch die Bezeichnung »Adrenalin 381« nutzen die Neonazis um Lasse R. weiterhin. Immer wieder bekundet Lasse R. und sein Umfeld auch Solidarität mit den angeklagten Neonazis aus Eisenach oder posiert mit T-Shirts mit dem Logo und Schriftzug von »Knockout 51«. Die Staatsanwaltschaft will darin allerdings keine „Unterstützung einer kriminellen“ oder einer „terroristischen Vereinigung“ sehen und stellte entsprechende Strafanzeigen ein. Dabei standen Lasse R. und andere Neonazi aus der Region nicht nur in persönlicher Verbindung zu den jetzt wegen Bildung oder Unterstützung einer terroristischen Vereinigung Angeklagten, sondern nahmen auch immer wieder an Aktivitäten von »Knockout 51« in Eisenach und anderen Städten teil, darunter auch gewalttätigen Aktionen.

Die Bundesanwaltschaft beschreibt »Knockout 51« als eine „rechtsextremistische Kampfsportgruppe, die unter dem Deckmantel des gemeinsamen körperlichen Trainings junge, nationalistisch gesinnte Männer anlockte, diese bewusst mit rechtsextremem Gedankengut indoktrinierte und für körperliche Auseinandersetzungen mit Polizeibeamten, Angehörigen der politisch linken Szene und sonstigen als bekämpfenswert erachteten Personen ausbildete.“ Dabei sei die Gruppe „von Beginn an zumindest auf die Begehung von Körperverletzungsdelikten angelegt. Spätestens seit April 2021 erstreckte sich das Ziel der Vereinigung auf die Tötung von Personen der linksextremen Szene.“

In ihren Aktivitäten beschränkte sich »Knockout 51« nicht „auf die Ausbildung von Anwärtern und Mitgliedern, sondern trat zur Umsetzung der Vereinigungsziele wiederholt in Aktion. So unternahm es die Gruppierung, in Eisenach einen sogenannten ‚Nazi Kiez‘ zu schaffen und sich dort als bestimmende Ordnungsmacht zu etablieren. Dazu führte sie in dem Gebiet unter anderem „Kiezstreifen“ durch und sicherte Veranstaltungen der NPD im ‚Flieder Volkshaus‘. Bei solchen Gelegenheiten kam es unter wechselnder Beteiligung der Angeschuldigten zur Anwendung massiver körperlicher Gewalt gegen andere Personen. Zwischen Ende August 2020 und Ende März 2021 reisten Mitglieder von ‚Knockout 51‘ unter der Führung von Leon R. zu diversen Protestveranstaltungen gegen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie, um eine Auseinandersetzung mit der Polizei zu suchen. Ab November 2021 trat ‚Knockout 51‘ auch bei Demonstrationen in Eisenach regelmäßig gewalttätig gegenüber Polizeibeamten und politisch Andersdenkenden auf und nutzte die Veranstaltungen als Gelegenheit zur Eskalation.“

Alles, was die Bundesanwaltschaft hier über „Knockout 51“ äußert, findet sich fast identisch in den Aktivitäten der »Kampf- und Sportgemeinschaft Adrenalin Braunschweig« und der Personen dahinter bis heute auch in Braunschweig wieder: Regelmäßige Kampfsporttrainings, bei denen auch gezielt der „politische Straßenkampf“ geübt wird, „Kiez Streifen“, die Propagierung eines „Nazi Kiez“, das Provozieren politischer Gegner*innen, um gewalttätige Auseinandersetzungen hervorzurufen, Gewalttaten gegen Andersdenkende oder Polizist*innen, sowie Morddrohungen gegen Linke.

… und Dortmund

Für ihre „Raumergreifungsstrategie“ orientieren sich die Braunschweiger Neonazis unter anderem auch an der rechten Szene in Dortmund, die schon vor Jahren den Stadtteil Dorstfeld zum „Nazi Kiez“ erklärte und sich dort auch mit einem Wohnprojekt und weiteren Immobilien festsetzte. In Dortmund konnte dieser rechte „Raumkampf“ zuletzt allerdings wieder zurückgedrängt werden. Dazu beigetragen hat der Druck von Anwohner*innen und antifaschistischer und zivilgesellschaftlicher Initiativen, aber auch das konzentrierte Vorgehen der Stadt Dortmund und ihrer Ordnungsbehörde und der Polizei. Auf Grundlage einer Analyse der rechten Szene, ihre Entwicklung, Aktivitäten und Strategien wurde hier ein „Lokaler Aktionsplan gegen Rechtsextremismus“ entwickelt und immer wieder aktualisiert, der schließlich mit dazu beitrug, die rechte Szene in Dortmund wieder zurückzudrängen.

Im Aktionsplan findet sich eine deutliche Positionierung der Stadt gegen die Versuche von Neonazis, sich dort mit Strategien der „Raumergreifung“ festzusetzen:

Wir wissen, wohin diese demokratie- und menschenfeindliche Ideologie in Dortmund in der Vergangenheit geführt hat und auch heute führt:

• zu Gewaltexzessen mit Todesopfern und Verletzten,
• zu konkreten Einschüchterungen und Bedrohungen von politischen Gegnerinnen und Gegnern, Journalistinnen und Journalisten, von Zugewanderten und von Menschen mit Behinderung,
• zu einem latenten Anwachsen von Bedrohungsgefühlen.

Wir treten allen Versuchen entgegen, Teile des öffentlichen Raumes unserer Stadt als rechtsextreme Zone zu propagieren bzw. für sich zu beanspruchen. Auch die „Räume“ der Rechtsextremen haben sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt. Sie missbrauchen öffentliche Medien, PR-Organe, Internet und die sogenannten Social Media, um ihre menschenverachtenden Botschaften zu verbreiten und besonders um Nachwuchs zu gewinnen. Um dem zu begegnen, bedarf es starker professioneller Handlungsziele und -maßnahmen und besonders, um Nachwuchs zu gewinnen.

Dortrtmunder Aktionsplan gegen Rechtsextremismus (novellierte Fassung 2017)

Der Aktionsplan enthält viele strategischen Ziele und konkrete Maßnahmenvorschläge, die ein koordiniertes Vorgehen der Stadt und der Behörden vorsieht und Initiativen der Zivilgesellschaft stärkt, sowie Unterstützung und Hilfen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Hetze, Bedrohungen und Gewalt vorsieht.

Und in Braunschweig?

Der Dortmunder „Aktionsplan gegen Rechtsextremismus“ könnte durchaus als Vorbild dienen, wie man hier in Braunschweig konzentriert die jahrelangen Provokationen, Bedrohungen und Gewalttaten der rechten Szene, die im Vergleich zu Dortmund ja deutlich marginalisierter ist, zurückdrängen könnte. Doch bisher fehlt es in Braunschweig sowohl an einer Analyse der Strategien und Aktivitäten der rechten Szene, als auch einem koordiniertem Vorgehen von Stadt und Sicherheitsbehörden und der Stärkung der Stadtgesellschaft auf Grundlage eines solchen kommunalen Aktionsplanes. Und so fühlen sich Anwohner*innen, Betroffene rechter Bedrohungen und Gewalt und zivilgesellschaftlich Engagierte weiterhin oft im Stich gelassen.


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